AMOUR FOU
Österreich/Luxemburg/Deutschland 2014, 96 Min.
R, B: Jessica Hausner, D: Christian Friedel, Birte Schnoeink, Stephan Grossmann, u.a.
Erstarrte Körper, gezügelte Gefühle, präzise Inszenierung. Guckkästen mit vergletscherten Seelen. Liebe ist eine Täuschung, am Ende stirbt jeder allein. Die Gesellschaft ist und bleibt blind für ihre Mitschuld. Hochkultur in doppeltem Sinne, thematisch (Kleist und Geist im frühen 19. Jahrhundert) wie genretechnisch (Gediegenes Arthaus- und Autorenkino mit Cannes-Premiere). Ein „typisch österreichischer“ Blick auf deutsche Verhältnisse.
SCHULMÄDCHEN-REPORT: WAS ELTERN NICHT FÜR MÖGLICH HALTEN
Deutschland 1970, 90 Min.
R: Ernst Hofbauer, B: Günther Heller , D: Günther Kieslich, Lisa Fitz, Claudia Höll, Wolf Harnisch, u.a.
Sinn und Sinnlichkeit aus der Schmuddelkiste. Lockere, freimütige, schludrige Inszenierung von Liebe und Sexualität als erotisches (und oftmals humoristisches) Spektakel. Schund- und Kommerzfilm, der blauäugigen Moralanspruch und deftige Sozialkritik im Widerspruch vereint. Episodisch, dialektisch und letztlich lebens- und liebesbejahend. Der Blick eines Österreichers (Ernst Hofbauer) auf deutsche Sitten.
FOREIGN PARTS
USA/Frankreich 2010, 81 Min.
R: Véréna Paravel, J.P. Sniadecki
Ethnographische Erkundungen eines Autoschrottplatzes am Rande von Queens (NYC). Intime, teils an cinéma vérité gemahnende Einblicke in eine von Gentrifizierung bedrohte Enklave. Bruchstücke, Zirkulation, Migration: Das Motiv des in seine Einzelteile zerlegten (Vehikels des) amerikanischen Traums prägt die filmische Spurensuche sowohl ästhetisch als auch narrativ. Ein Versuch, das Verhältnis Mensch-Auto als relationes Gefüge zu fassen.
CHRISTINE
USA 1983, 110 Min.
R: John Carpenter, B: Bill Phillips (nach dem Roman von Stephen King), D: Keith Gordon, John Stockwell, Alexandra Paul
Am Schrottplatz wartet die erste Liebe: Boy meets car. Das Böse, direkt am Fordschen Fließband montiert, sucht in Gestalt des 1957er Plymouth Furys „Christine“ die
Heranwachsenden einer Kleinstadt heim. Das motorisierte Statussymbol der US-amerikanischen Mythologie hegt hier eifersüchtig eigene Besitzansprüche. Reifenquietschender Angriff der Vergangenheit
auf die (prä-)Reagan Ära.
MUXMÄUSCHENSTILL
Deutschland 2004, 89 Min.
R: Marcus Mittermeier, B, D: Jan Henrik Stahlberg, D: Fritz Roth, Wanda Perldewitz
Er ist die zu Ende gedachte Inkarnation von Spießbürgertum und Polizeistaat. Für ihn hätte die Vernunft erst gesiegt, wenn endlich alle aufhören würden ins Schwimmbecken zu pinkeln oder den Kot ihres Hundes liegen zu lassen. Mux ist ein selbsterklärter Ordnungshüter mit Methode (Überwachen und Strafen) und Mission (den Niedergang von Moral und Anstand aufhalten). Zwischen Schwarzfahrer und Schwerverbrecher unterscheidet er nicht. Wer sich nicht an die Regeln hält muss sadistische Demütigungen über sich ergehen lassen. Der wird gefilmt, mit dem Material erpresst und landet in seiner Video-Kartei. Er nennt das dann pädagogische Maßnahmen. - Obwohl erkennbar schnell und billig produziert (wir schauen hauptsächlich aus der trashigen Digitalkamera-Perspektive des Praktikanten im Film auf das mit improvisierten Szenen und Laiendarstellern gespickte Geschehen) ist „Muxmäuschenstill“ ein Meisterwerk des deutschen Guerilla-Kinos. Pointiert, urkomisch, tieftragisch und superkritisch.
NIGHTCRAWLER
USA 2014, 118 Min.
R, B: Dan Gilroy, D: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Bill Paxton
Zuvor noch ein arbeitsloser Kleinkrimineller, entdeckt Lou Bloom die Kamera als ein phallisches Substitut für seine soziosexuelle Impotenz. Zu nächtlicher Stunde begibt er sich mit ihr an Orte, wo gerade Morde oder Verkehrsunfälle geschehen sind. In ästhetischer Verzückung über ihre Schockwirkung, reicht er das explizite Material anschließend an sensationsgeile News-MacherInnen weiter. Ein Erfolgsmodell, das schnell zum Selbstläufer wird. Denn die Auswirkungen von Verbrechen nur zu dokumentieren ist ihm irgendwann nicht mehr genug. – „Nightcrawler“ zeigt die düster-pessimistische Kehrseite des amerikanischen Traums in elegant-unterkühlter Digitalfilm-Opulenz á la Michael Mann. In ästhetischer Hinsicht erhaben und auf der Aussageebene abgründig bis zynisch, erweist sich die Soziopathie seines Antihelden schnell als Zerrbild auf die US-amerikanische Hysterie- und Mediengesellschaft.
Komissar [Die Kommissarin]
UdSSR 1967, 110 Min.
R, B: Aleksandr Askolodov (basierend auf Vasiliy Grossmans Erzählung V gorode Berdicheve), D: Nonna Mordyukova, Rolan Bykov, Raisa Nedashkovskaya
Der Russische Bürgerkrieg tobt. Kommissarin Wawilowa muss schwanger ihr Regiment der Roten Armee verlassen, um im Mikrokosmos einer kinderreichen jüdischen Kesselflicker-Familie ihren Sohn zu gebären. In der rauen Soldatin erwacht die zärtliche Mutter. Rollenbilder greifen ineinander, brechen sich in der singulären Charakterzeichnung an der Schwelle zwischen Revolutionskampf und Leben im Dorf. Die Schlusseinstellung zeigt Bilder des nebeligen Schlachtfelds, wohin Wawilowa zurückkehrt und mit erhobener Fahne voranschreitet. Zensurbedingt gelangt Askolodovs bis heute wenig rezipiertes Werk erst zwei Jahrzehnte nach seiner Fertigstellung zur Uraufführung.
The Sound Of Music
USA 1965, 174 Min.
R: Robert Wise, B: Ernest Lehman (basierend auf Maria Augusta Trapps The Story of the Trapp Family Singers), M: Richard Rodgers, Oscar Hammerstein, D: Julie Andrews, Christopher Plummer
Zum Auftakt wolkenumhangene graue Felsen, die an die letzten Bilder des Vorfilms denken lassen. Doch aus dem Nebel schält sich liebliches Grün, Musik schwillt an. In Umarmung der Welt springt Julie Andrews als junge Novizin über die Hügel. Abermals erfolgt ein unfreiwilliger Umzug aus dem gewählten Lebensumfeld in die Großfamilie. Für die aufmüpfige Maria erweist sich die Rolle der Mutter für die sieben Kinder des verwitweten Baron von Trapp als maßgeschneidert. Die Kämpfe gilt es im Heim auszufechten. Ein mehr oder weniger bekannter Kassenschlager.
Im Interesse wie jemand außerhalb der Diskollektiv-Runde das TROUBLE-Konzept anlegen könnte, wurde die Programmierung des letzten Screenings der Reihe im Schikaneder aus der Hand gegeben. Als Gast durften wir Tobias Hering begrüßen, der als Kurator und Publizist u. a. am Berliner Arsenal Kino tätig ist.
Antigone
Deutschland/Frankreich 1991/92, 100 Min.
R, B: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub (basierend auf Brechts Bearbeitung der Hölderlin'schen Bühnenübertragung von Sophokles' Antigone), D: Astrid
Ofner, Ursula Ofner, Werner Rehm
Contre Vents et Marées
Frankreich 2013, 10 Min.
R: Elleni Sclavenitis
And When I Die, I Won’t Stay Dead
USA/Portugal 2015, 89 Min.
R, B: Billy Woodberry
Die Filmreihe wurde vom Filmfond Wien gefördert und in Kooperation mit dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft veranstaltet.